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Das Insektensterben – Wieso insektenfreundliches Gärtnern die Zukunft sichert

Das Insektensterben: In den letzten 27 Jahren hat sich die Anzahl der Fluginsekten um rund 75% flächendeckend in Deutschland reduziert. Viele heimische Insektenarten sind bereits ausgestorben. Doch Bienen, Schmetterlinge und Co sind unerlässlich für das Gleichgewicht fast aller Ökosysteme.

Das Insektensterben – Stand 2020

Ergebnisse einer Langzeitstudie aus Nordrhein-Westfalen

Der Rückgang der Artenvielfalt und auch der Anzahl der Insekten ist deutlich erkennbar. Eine Langzeit-Studie, welche zwischen 1989 und 2014 in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde, zeigt, dass der Rückgang der Biomasse (der Anzahl) der Fluginsekten in dieser Region sogar über 80 Prozent beträgt. Das ist enorm. Nicht nur, weil es weniger Insekten per se gibt, sondern auch, weil viele heimischen Arten in bestimmten Gebieten ausgestorben sind. Das betrifft beispielsweise 60 Prozent der heimischen Hummelarten im Großraum Krefeld. Mehr als die Hälfte, der 1989 erfassten Hummelarten existiert dort heutzutage nicht mehr. In Düsseldorf sind laut der Langzeituntersuchung 58 Prozent der Tagfalterarten ebenfalls ausgestorben.  

Ergebnisse einer Langzeitstudie aus ganz Deutschland

Die Studie „More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas“ erschienen im Oktober 2017 im Magazin PLOS ONE, zeigt ebenfalls einen Verlust von mehr als 75 Prozent der Biomasse bei Fluginsekten. Hierbei sei auch deutlich geworden, dass das Insektensterben nicht nur einen bestimmten Lebensraum (Biotoptyp) für Insekten trifft, sondern wirklich das gesamte Land. In der Studie wurde ein Zusammenhang gesehen zwischen dem Rückgang der Artengruppen von Schmetterlingen, Wildbienen und Nachtfaltern und allen anderen Fluginsekten. Betroffen sind demzufolge nicht nur seltene und gefährdete Arten. Es konnte ein Rückgang aller Fluginsektenarten beobachtet werden.

Schwebfliege auf einer Kratzdistel. / Foto-Credit: Jens Hagenberg

Die Bedeutung und des Insektensterbens

Der Insektenatlas von den drei Autor*innen Olaf Bandt (BUND), Barbara Unmüßig (Heinrich Böll Stiftung) und Barbara Bauer (Le monde diplomatique) gibt umfassend Wissen und Informationen rund um das Insektensterben. In diesem Atlas wurden nicht nur Studien zum Insektensterben aus Deutschland berücksichtigt, sondern auch solche aus Frankreich. Im Vorwort wird klar, dass dieses Thema spannend ist und von großer Wichtigkeit:

„Würden wir sie zählen, so kämen auf jeden Menschen dieser Erde rund 1,4 Milliarden Insekten aus geschätzten 5,5 Millionen unterschiedlichen Arten.“

„Es mag an dieser unerschöpflich scheinenden Masse liegen, dass das Ausmaß der Gefahr viel zu lange kaum Beachtung fand.“

Dem Insektensterben wurde jahrelang zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt und es finden global betrachtet nicht genügend Untersuchungen auf diesem Gebiet statt. Die Auswirkungen jedoch, welche bereits nur in Deutschland und auch Frankreich sichtbar sind, haben ein enormes Ausmaß. Der Naturschutz und vor allem der Schutz der Bienen erhält in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit.

4 Gründe für das Insektensterben

Für das Insektensterben gibt es einige wichtige Ursachen. Sie alle lassen sich über Vergleiche aus den Ergebnissen der verschiedenen Studien ableiten. Dennoch gibt es bis heute keinen wissenschaftlichen Nachweis darüber.

1. Insektensterben durch Intensive Landwirtschaft

Die Studien zeigen deutlich, dass in Gebieten und Rand-Gebieten zu Flächen aus intensiver Landwirtschaft ein deutlicher Schwund an Insekten verzeichnet ist. Zum einen wird vermutet, dass dies an der Verwendung von Pestiziden liegt. Eine Untersuchung nach den expliziten Gründen muss noch durchgeführt werden. Die Vermutung ist auf die hohe Dosis der jährlichen Verwendung an Herbiziden und Insektiziden zurückzuführen. Diese ist in EU-Mitgliedstaaten bereits reguliert und wird immer wieder aufs Neue heiß diskutiert. Um ein Beispiel zu geben: Jährlich werden etwa 15.000 Tonnen Herbizide und knapp 1.000 Tonnen Insektizide eingesetzt.  So genannte Totalherbizide wie Glyphosat vernichten bei Anwendung alles, was aufkeimt. Darunter auch alle Ackerbeikräuter, welche Nahrungsquelle, Nistplatz und Überwinterungsorte für Insekten sind.

2. Insektensterben durch Klimawandel

Auch der Klimawandel trägt zum Rückgang der Insekten bei. Zum einen kann eine veränderte Temperatur zu einer kürzeren Reproduktionszeitraum führen, aber auch zur Verschiebung der Lebensräume oder dem Abwandern bestimmter Insekten in andere Regionen. So wurde beispielsweise beobachtet, dass Insekten aus warmen Talregionen in die kühleren Bergregionen wandern.

3. Insektensterben durch Flächenfraß

Jährlich werden 24.000 Hektar neu versiegelt. Das entspricht 70 Hektar pro Tag, umgerechnet knapp 65 große Fußballfelder. Für den Bau von Infrastruktur, Gewerbegebieten und Siedlungen werden somit natürliche Lebensräume zerstört. In der Regel muss hierfür eine Art Ausgleich in Form des Öko-Kontos geschaffen werden. Doch leider findet viel zu selten ein annähernd gleichwertiger Ausgleich in der gleichen Region statt. Wenn stets Fläche genommen wird und keine zurückgegeben wird, dann geraten viele Ökosysteme aus dem Gleichgewicht. Zu sehen nun ganz deutlich am Insektensterben.

Admiral auf einer Ackerkratzdistel. / Foto-Credit: Jens Hagenberg

4. Grund für das Insektensterben: Trends zur Minimierung der Lebensräume

Die Lebensumstände und Einstellungen haben sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Was natürlich auch sehr viel Gutes mit sich bringt! Leider fällt jedoch auf, dass zunehmend Hausbesitzer:innen sich einen Schottergarten anlegen lassen. Die Gründe hierfür sind oftmals der Zeitmangel, das hohe Alter und der zu große Pflegeaufwand des Gartens. Doch auch die Teilversiegelung und der Wegfall potentiellen Lebensraums für Insekten führt dazu, dass es in stärker besiedelten Bereichen deutlich weniger summt und brummt, als noch vor einigen Jahren. Auch Vögel tauchen hier seltener auf, da sie nicht mehr das Angebot an Nahrung vorfinden, welches sie benötigen.

Die Bedeutung der Insekten für Natur und Mensch:

  • Rund 70 Prozent aller Tierarten der Welt sind Insekten. Außerdem sind sie Teil fast jedes Ökosystems.
  • Insekten sind Bestäuber und helfen so etwa drei Viertel der wichtigsten Kulturpflanzen zur Steigerung des Ertrags.
  • Viele Insekten verbessern die Bodenqualität, da sie abgestorbene Pflanzen und Tiere abbauen und Nutzpflanzen bestäuben. Somit sind Insekten unerlässlich für unsere Nahrung.
  • In über 130 Ländern werden Insekten regelmäßig gegessen.
  • Insekten sind Nahrungsquelle für viele weitere Tierklassen. Von Säugetieren, über Reptilien bis hin zu Vögeln und Amphibien.
  • Insekten sind Regulatoren. Das bedeutet, dass sie zum Teil wichtige Nützlinge sind, welche insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft auch die Verbreitung schädlicher Insekten eindämmen, sozusagen regulieren.

Folgen des Insektensterbens

Betrachtet man die Bedeutung der Insekten für Natur und Mensch, so wird sehr schnell deutlich zu welchem Ungleichgewicht das Insektensterben führt.

Das Fatale: das Aussterben von Insektenarten und die drastische Dezimierung der Anzahl haben so viele Folgen, welche im Einzelnen schwer aufzuzählen sind.

Ein Beispiel:

Gibt es weniger Insekten als Nahrung für Vögel, gibt es weniger Vögel, gibt es weniger Tiere, welche Vögel fressen, gibt es mehr Schädlinge, die sonst von Vögeln ebenfalls gefressen werden können, dadurch könnten auch Pflanzen durch die Schädlinge wiederum zu Schaden kommen und gibt es weniger Pflanzen, gibt es weniger Insekten und weniger andere Tiere, welche diese Pflanze wiederum als Nahrungsquelle oder Lebensraum hat.

Artensterben in Flora und Fauna

Das Beispiel macht deutlich, dass das Aussterben und Minimieren der Insekten in der ganzen Welt nicht nur den Verlust der Insekten zur Folge hat. Da alles – Menschen, Tiere, Pflanzen – jedes Lebewesen mit anderen verwoben ist, folgt aus dem Insektensterben auch ein Sterben weitere Arten oder Biomasse von Pflanzen (Flora) und Tieren (Fauna).

Eine Hummel auf Alant. / Foto-Credit: Jens Hagenberg

Jetzt aktiv werden gegen das Insektensterben!

Insektenfreundliches Gärtnern hilft dabei, heimischen Insektenarten weiterhin einen Lebensraum und Nahrungsquelle zu bieten. Werden Sie daher aktiv und machen Ihren Garten oder Balkon zu einem Insektenparadies!

Bienen werden Trend-Thema

In den sozialen Medien finden sich vielerlei Blogs und Initiativen wie „Save the bees“ und „Bienenrettung“. Immer mehr Produkte für insektenfreundliche Pflanzen erobern den Markt der Pflanzen-und Gartenshops. Von Samenbomben, über Saatmischungen bis hin zu Staudenpaketen wird Ware angeboten. Das alles ist nicht nur eine Verkaufsmasche. Diese Produkte zeigen, den Willen der Menschen für eine Veränderung. Es ist Zeit für wilde & schöne Gärten. Diese sind insektenfreundlich, vogelfreundlich und dennoch eine grüne Oase für den Menschen.

Hinweis:

Im Übrigen ist das Töten oder Verletzen von gefährdeten Tieren und Pflanzen strafbar und kann mit einem Bußgeld belegt werden! Auf bußgeldkatalog.org findet ihr Informationen zur Höhe des Bußgeldes und noch mehr wichtige Informationen zu besonders gefährdeten Arten und den Umgang im eigenen Garten.

6 Tipps für das insektenfreundliche Gärtnern

1. Verzicht auf Pestizide

Verzicht von Pestiziden und Insektiziden ist nicht nur in der Landwirtschaft sinnvoll, auch im eigenen Garten sollte darauf geachtet werden. Ebenso sollte auf den Einsatz von chemischem Düngemittel verzichtet werden. Setzen Sie stattdessen lieber auf natürliche Alternativen wie der Anbau in Mischkultur und natürliche Düngemittel.

2. Installation von kleinen Wasserquellen

Gerade im Hochsommer freuen sich viele Insekten über zusätzliche Wasserquellen. Stellen Sie dazu beispielsweise einen kleinen Teller mit Wasser in die Beete. Auch ein Untersetzer von einem Tontopf eignet sich hierzu. Kleine Steine helfen den Insekten, darauf zu landen und so etwas Wasser zu trinken.

3. Auswahl an insektenfreundlichen Pflanzen bieten

Achten Sie bei der Auswahl der blühenden Pflanzen darauf, dass diese insektenfreundlich sind. Blüten sollten daher ungefüllt sein, da so Pollen und Nektar gut zugänglich sind. Außerdem sollte eine Auswahl heimischer Pflanzen verfügbar sein und zu jeder Jahreszeit etwas blühen. Insbesondere im Oktober bis November und auch im zeitigen Frühjahr sind die ersten Insekten auf Nahrungsquellen besonders angewiesen.

Libelle. / Foto-Credit: Jens Hagenberg

4. Lebensräume für Insekten schaffen

Insekten leben am Boden oder auf Kräuter und Stauden, in Gehölzen und in Gräsern. Daher ist es wichtig, einige Stellen im Garten seltener zu pflegen. So bleiben die Insekten ungestört. Zweige und anderes Totholz können im hinteren Beet-Bereich liegen gelassen oder aufgestapelt werden, so dass sich dort Insekten ansiedeln können.

5. Auf nächtliche Dauerbeleuchtung verzichten

Um weder bei Insekten noch bei Insektenräubern für Verwirrung zu sorgen, ist es sinnvoll in der Nacht auf eine Dauerbeleuchtung im Garten zu verzichten. Diese nutzt dem Menschen schließlich ebenso wenig, wenn man nicht gerade eine Gartenparty gibt. Besser ist es Teilbereiche zu erhellen, an welchen man sich in den Abendstunden noch aufhält und die Lichter auszuschalten, wenn man den Garten verlässt.

6. Torffreie Erde nutzen

Beim Kauf von Erde für Balkonkästen oder den Garten sollte auf torffreie Erde zurückgegriffen werden, denn beim Torfabbau werden wichtige Lebensräume unter anderem für Insekten zerstört. Ein solcher Eingriff in die Ökosysteme der Moorlandschaften muss verhindert werden.